Die Veredlungsphase zum Sportpferd von 1960-70
Schleswig-Holsein als fortschrittliches Agrargebiet Westdeutschlands
war konsequent auf dem Weg der Rationalisierung und Mechanisierung. Das
führte zu einer radikalen Verringerung des Pferdebestandes. Das traf in
erster Linie die Kaltblutzucht, aber auch die Warmblutzucht. Das immer
schwerer gezüchtete Wirtschaftspferd der fünfziger Jahre konnte
sich auf Dauer nicht halten.
Es fehlten die drahtigen Karrossiers der Vorkriegsjahre, die ein
Umschalten auf die Reitpferdeproduktion erleichtert hätten. So sank auch
hier der Stutenbestand von 10.000 im Jahre 1950 auf 1.300 im Jahre 1960
ab. Aufgrund dieser miserablen Lage der Pferdezucht beschloß der
Holsteiner Landtag im Mai 1960 das Landgestüt Traventhal aufzulösen und
den Hengstbestand zu versteigern. In diesem Jahr übernahm Friedrich Graf
Kielmannsegg den Vorsitz des Holsteiner Verbandes. Er überzeugte die
Züchterschaft in dieser schweren Situation zusammenzuhalten, die Hengste
gemeinsam als Verband zu kaufen und auf diesem Weg in die Zukunft zu
gehen. Dieser Entschluß der Züchterschafft war angesehens der schlechten
Situation bewundernswert, jahrzehntelange preußische Erziehung zu
Pflichtbewußtsein und Ordnung und grenzenloser Idealismus waren die
vorhandenen Voraussetzungen.
Der Bedarf an Sportpferden wurde in begrenztem Umfang größer, die
Wirtschaftstyp war jedoch für sportliche Anforderungen ungeeignet. In der
gesamten deutschen Pferdezucht wurden Überlegungen angestellt, wie eine
Umformung zum modernen Sportpferd am schnellsten zu erreichen sei. Einige
entschieden sich für den Trakehner als Veredler, andere setzten auf
den Araber oder Anglo-Normänner. Der Holsteiner Verband entschloß
sich für den Einsatz des englischen Vollbluts. Dieser Weg erwies sich
-zurückschauend betrachtet- für den Holsteiner als der einzig richtige.
Grund für den Entschluß waren die guten Erfahrungen beim Einsatz um die
Jahrhundertwende. Typ, Nerv, Adel und Körperproportionen waren damals
bereits verbessert worden auf diesem Weg. Ein Blutanschluß war dadurch
gewährleistet.
Drei Vollbluthengste gingen 1960 in den Besitz des Holsteiner Verbandes
über:
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Anblick xx |
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Frivlo xx |
1946 geborener Brauner mit
guter Eigenleistung (Siege in mehreren Hindernissrennen). Von
1954-60 in Siethwende stationiert. Nicht zu einfacher, nerviger,
ausdauernder Hengst, der seiner Nachzucht gewaltige Sprungkraft
weitergab. |
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Wanderfalk xx |
Dieser dritte der eingesetzten
Vollblüter konnte nicht die gleiche Bedeutung erlangen. Er wurde
bekannt durch die Dressurpferde Waldfee und Acadius. |
Weitere vom Holsteiner Verband übernommene Hengste waren u.a.:
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Fähnrich |
geb. 1953, braun v. Fachmann |
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Albaner |
geb. 1957, braun v. Alabaster xx |
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Heidefreund II |
geb. 1952 braun v. Heidekrug |
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Fachmann |
geb. 1949, braun v. Fanatiker |
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Ganeff |
geb. 1947, braun v. Lopshorn |
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Heidekrug |
geb. 1940, braun, v. Heintze |
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Lohengrin |
geb. 1938, braun v. Loretto |
Die Junghengste kosteten 2.000 DM , 5-jährige und ältere Hengste
1.200 DM. Für die Züchter war die Auflösung des Landgestüts ein
trauriges Ereignis. Seit 1874 war das Landgestüt in Traventhal ein
zentraler Punkt der Warmblutzucht. Traventhal stand über die Grenzen
hinaus für Güte und Leistung. Jeweils die besten Hengste jeden Jahrgangs
bezogen ihre Boxen in Traventhal und wurden fachkundig gehandhabt.
Der Verband wurde von Bund und Land für die Erhaltung der Pferdezucht
unterstützt. Für jeden Hengst der mindestens 15 Stuten deckte,
Hengstneuerwerbungen und Hallenbau sowie Stallumbau flossen finanzielle
Mittel. Vorteil der jetzt genossenschaftlichen Hengsthaltung war
mehr Marktorientierung und Flexibilität gegenüber eines schwerfälligen
Staatsapparates.
Durch Clemens Freiherr von Nagel-Doornick wurde ein weitere bedeutender
Veredler entdeckt:
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Ramzes AA |
geb. 1937, Schimmel von Rittersporn xx aus
polnischer Zucht |
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Bedeutender Sohn ist u.a. der westfählische Hengst
Roman, der unter Gerd Wiltfang 1978 Weltmeister wurde. Ramzes
hinerließ in Holstein die gekörten Söhne: Rhenus, Roman,
Rigoletto und Raimond. Roman galt insbesondere als Stutenmacher
und gab viel Springveranlagung weiter. Stark verbreitet hat sich
die Ramzes-Linie über den Sohn Raimond und den Enkel Ramiro.
Ramiro, ein im int. Springsport unter Fritz Ligges geprüfter
Hengst, war 1969 für ein Jahr an den Holsteiner Verband
verpachtet. |
Aus der großen Zahl der zu dieser Zeit eingesetzten Hengsten
kristallisierten sich 4 bedeutende Vererber heraus:
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Cottage
Son xx |
bereits 1959 angekauft, hinterließ 14
Söhne, viele erfolgreiche Sportpferde und Zuchtstuten, die dann
für die Anpaarung mit Erhalterhengsten sehr gesucht waren. So hat
z.B. der Hengst Ramiro eine Cottage Son xx-Mutter sowie der Hengst
Lord v. Ladykiller xx.,
Die männliche Linie wurde von seinem Enkel Capitano fortgesetzt. |
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Marlon
xx |
1958 in Irland geboren, vereint als
Sohn des Tamerlane xx Härte, Kampfeswillen, Schönheit und
Korrektheit in sich, sowie einen Bewegungsablauf, der seine
Nachkommen zu Spitzenleistungen in allen reitsportlichen
Disziplinen befähigt. Neben hervorragenden Dressurpferden ist er
u.a. Vater des Madrigal, der unter Karl Schultz auf der Olympiade
in Montreal Bronze errang. Nennenswerte Marlon-Nachkommen im
Springsport sind Mephisto, Manolito und Mowgli. |
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Ladykiller
xx |
Noch intensiver als Marlon xx konnte
sich der 1961 geborene Sailing Light xx-Sohn durchsetzen. Der
Ausnahmevererber ging 1979 ein, hinterließ aber 31 gekörte
Söhne. Er stand zuletzt im Hochzuchtgebiet Haselau, wo er die
beste Nachzucht hinterlassen hat. Unzählige erfolgreiche
Sportnachkommen: Boy siegte unter dem irischen Reiter Eddie Macken
im Deutschen Sprinderby, Ladalco unter Helmut Rethemeier errang
bei der WM in Lexington die Bronzemedallie. |
Im Jahre 1971 wurde von der Holsteiner Verbandsleitung versucht
die sehr enge züchterische Basis aufzulockern. Es wurden zwei wertvolle
Anglo-Normänner-Hengste in der Zucht eingesetzt:
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Urioso AN |
Sohn des zur Springelite gehörenden
Hengstes Furioso xx. |
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Corde
la Bryére AN |
brachte es innerhalb kürzester Zeit zu
großem Ansehen. Gab seinen Söhnen enorme Sprungkraft und
besonders gutartigen Charakter mit. |
1972 wurde insbesondere durch Herrn Grammann die elektronische
Datenverarbeitung beim Holsteiner Verband eingeführt. Damit war eine
verbesserte Verfolgung von Marktgeschehen und Zuchtentwicklung
gewährleistet. Durch Anregen von Herrn M.J. Hell wurde von 1976-78 in
Elmshorn einen vorbildliche Vermarktungsanlage errichtet. Die
Hengstkörungen, die ursprünglich immer in Elmshorn stattfanden, wurden
nach Neumünster verlegt und dort zusammen mit einer
Elitereitpferdeauktion durchgeführt. Dadurch und durch die ab 1967 in
Elmshorn veranstaltete Elitestutenschau der 2- und 3-jährigen Stuten mit
Vergabe der Staatsprämie konnte sich jeder Züchter und Freund des
Holsteiner Pferdes über den Stand der Holsteiner Zucht informieren. |